Fake-Bewertungen: Unser Amazon-Shop deckt das Fake-Business auf | Marktcheck SWR
. Dieses Möbelstück hat bei Amazon 4,7 Sterne. Alles Fake! Am Ende dieses Films werdet ihr keiner Fünf-Sterne-Bewertungen mehr trauen können. Für meine Recherche werde ich selbst zum Amazon-Seller. Dieter ich muss sagen: schönes Möbel. Ich treffe deutsche Händler, die von Fünf-Sterne-Fakes der Konkurrenz angepisst sind. Man macht mit illegalen Mitteln doch Gewinn macht mit Amazon.
Es ist wirklich einfach, jemanden bei Amazon zu sabotieren. Ich finde offensichtliche Fakes auf der Plattform, Die der Amazon-Algorithmus erstaunlicherweise zulässt. Dreister und offensichtlicher können Fake-Bewertungen nicht sein, oder? Und ich frage mich: Warum ist das alles möglich? Die einzelnen Händler, die hüten sich auf Amazon anzugreifen, weil sie alle Angst haben, von der Plattform zu fliegen. Amazon reagiert auf meine Recherchen, sperrt Händler und ich bekomme ein exklusives Interview. Wir werden immer besser, aber wir wissen, dass wir nicht perfekt sind.
Das Geschäft mit Fake-Rezensionen. (Dynamische Musik) Für meine Recherche starte ich ein Experiment. Ich will selbst Händler auf dem Amazon Marketplace werden. Ich benötige ein Produkt.
Das ist Dieter aus der Kulissenwerkstatt des SWR und er hat eine Idee. Du hast einen Plan? Ich hab einen Plan, ich weiß, wie's weitergeht. Ich helfe, so gut ich kann.
(Schriller Schrei) So langsam wird aus den Holz-Einzelteilen ein richtiges Amazon-Marketplace-Produkt. Dieter und ich sind mit unserer Leistung sehr zufrieden. Tadadadaaa! Dieter, ich muss sagen: schönes Möbel.
Das haben wir gut nachgemacht. - Zufrieden? Sehr zufrieden. Und wenn ihr euch jetzt denkt, was das für ein Möbelstück sein könnte, dann haben wir den passenden Werbespot für euch. Der Shocker! Ein multifunktionales Möbelstück vom Feinsten! Der Schocker ist Stuhl, der Shocker ist Hocker, der Shocker ist Tisch.
Jetzt bei Amazon. Hergestellt von den wooden champions. Ja, und schon ist der Shocker auf dem Amazon Marketplace.
Unser Designerstück gibt es ab sofort für 47,95 Euro. Die Seite hab ich mit einigen Fotos geschmückt. Was mir jetzt noch als erfolgreicher Amazon-Händler fehlt: Fünf-Sterne-Kundenrezensionen. Schaff ich es, den Amazon-Marketplace-Auftritt von unserem wun-der-bar-en Schocker mit zehn Fake-Bewertungen zum pimpen? Erste Strategie: Agenturen. Im Netz finde ich einige Anbieter, bei denen ich Sterne oder Likes für alle möglichen Plattformen kaufen kann.
Im Prinzip kann man sich für jede Plattform, die's gibt, Sterne kaufen. Amazon, Google, Appstore. Ist krass. Man kann irgendwie keinem Stern mehr trauen. Bei manchen Anbietern kann man sogar Textbausteine für die Bewertung in Auftrag geben. Ein Anbieter verkauft direkt Fünf-Sterne-Rezensionen. Andere sind Vermittler.
Sie organisieren echte Testkunden, die meinen Shocker bewerten werden - als verifizierte Käufer. Der Deal: Nach einer Bewertung bekommen die Käufer von mir den Kaufpreis rückerstattet. Wenige Tage später gehen die ersten Bestellungen bei mir ein. Meine Challenge mit dem Kauf von Fake-Bewertungen geht jetzt los.
Zweite Strategie: Freunde. Ich bitte sie, den Shocker zu kaufen. Sie werden später bei meinem Sterne-Experiment noch eine wichtige Rolle spielen. (Dynamische Musik) Warum sind die Fünf-Sterne-Rezensionen für Amazon-Händler überhaupt so wichtig? Ich treffe den E-Commerce-Berater Markus Fost. Er erklärt mir, nur wer auf dem Marketplace oben steht, macht die fette Kohle. Und nach oben kommt man unter anderem mit Rezensionen.
(Elektronische Musik) Letzten Endes beeinflussen Rezensionen die conversion rate, die Kaufwahrscheinlichkeit. Das Verhältnis zwischen Seitenaufrufe und dem tatsächlichen Kauf. Sorgen dann für mehr Absatz und das beeinflusst die Sichtbarkeit, dass ein Artikel oben steht.
Gerade im Private-Labelbereich bei unbekannten Marken sind Rezensionen, die einzige Chance, um Transaktionen zu erzielen und hier sieht man schon einen ziemlich großen Fraud-Anteil. Ich bin ein private Label, mich kennt man nicht. Das heißt, das ist für mich die Möglichkeit, Sichtbarkeit zu erzielen. Das ist eine Henne-Ei-Problematik. Wenn man nicht sichtbar ist, keine Verkäufer hat, dann erzielt man auf regulärem Wege auch keine Rezensionen.
Ich muss jetzt also irgendwie an Rezensionen kommen. Es gibt legale Möglichkeiten, in dem mein Produkt so toll ist, dass es so nachgefragt ist. Oder es gibt eben diese illegalen Rezensionen.
Ich entscheide mich für den einfacheren Weg. Es dauert nicht lange, und die erste Fünf-Sterne-Rezension einer Agentur ist da. (Jubellaute) (Heller Glockenklang) (Schwungvolle Musik) Für mich sind die Fake-Rezensionen ein journalistisches Experiment, für ehrliche Händler ein großes Wettbewerbsproblem. Ich treffe Christian Pietsch, er ist seit 10 Jahren Amazon Händler.
Verkauft dort eine hochwertige Lederkollektion. Seine Produkte lässt er eigens in Indien fertigen. Das ist ein Bestseller. Verkaufen wir um die 400-, 500 Mal im Monat. Ledermäppchen, Schlüsselanhänger, Ledertaschen. Rund 200.000 Lederprodukte verkauft er pro Jahr bei Amazon.
Doch vom Konkurrenzkampf auf der Plattform sind er und sein Team immer wieder frustriert. Ich bin Amazon-Verkäufer seit der ersten Stunde. Wir haben damals wirklich viel verkauft, jetzt werden unsere Artikel immer weiter unten gelistet. Wir sind auch im Preis immer weiter runtergegangen, aber es hilft nichts. Die gekauften Bewertungen von den Konkurrenten werden einfach mehr ausgestrahlt. Das Problem ist, die Konkurrenz ist deutlich einen Schritt weiter.
Zusammen arbeitet mit Agenturen, mit Handy-Clickfarmen zusammenarbeitet, oder selber betreibt. Und man als normaler Verkäufer, der einfach die Produkte reinstellen und verkaufen möchte, gar nicht mehr weiterkommt. Lena-Marie kümmert sich für das Unternehmen um die Sales auf dem Amazon Marketplace und hat die Konkurrenz und deren Tricks stets im Blick. Ich kann das gerne mal zeigen.
Wenn man hier auf ein Keyword geht, das für uns superwichtig ist, zum Beispiel Handtasche Damen, weil wir auch einige Handtaschen im Sortiment haben. Sieht man relativ schnell, die Konkurrenz hat 1.000, 2.000, 3.000 Rezensionen. Wenn man sich das genauer anschaut, dann fällt auf: Da ist es wahrscheinlich nicht mit rechten Dingen zu gegangen.
Bei der Analyse der Konkurrenz-Rezensionen nutzt sie auch ein Tool, das im Netz frei zugänglich ist: Review Meta. Dort setzt man den Link des Amazon-Produktes ein und der Algorithmus sucht nach Auffälligkeiten, wie beispielsweise verdächtigen Bewertern, nicht überprüften Einkäufen oder Phrasenwiederholungen. Alles, was nur ein wenig auffällig ist, wird als Fake gewertet. Lena-Marie hat bei der Recherche zu einer Ledertasche der asiatischen Konkurrenz eine interessante Entdeckung gemacht. Dann sieht man, dass von den 1.400 Reviews, die sie jetzt hier überhaupt nur identifiziert haben, 75 Prozent wahrscheinlich unnatürlich erstellt sind.
Das heißt wir kommen insgesamt auf 88 Reviews, die Review Meta als natürlich ansieht. Und ja ... - Von wie vielen? Von 1400. - Das ist natürlich schon eine Macht. Vor allem auf großen Keywords passiert das regelmäßig. Da sieht man dann eine neue Handtasche und die ist vielleicht drei Wochen auf dem Markt.
Hat über 1.000 Bewertungen, das ist sehr unwahrscheinlich. Dann auch noch positive. Da weiß man nicht, was man machen soll.
Wer fair ist, hat bei Amazon immer wieder das Nachsehen. Kann dabei zuschauen, wie die Konkurrenz, oft aus Asien, vorbeizieht - fette Umsätze macht. Habt ihr schon mal überlegt, auch Bewertungen einzukaufen? Die Überlegung war auf jeden Fall da. Klar. Das Problem ist nur, man misst dann das Risiko ab.
Und wenn wir als deutsche Händler einmal rausgeworfen werden, kommen wir nicht mehr rauf. Wie geht man damit als Onlinehändler um? Die Konkurrenz betrügt offensichtlich mit Fünf-Sterne-Bewertungen. Ihr macht's nicht und habt das Nachsehen. Das Problem ist, dass man auch die Waren einkauft, in Vorkasse geht. Wir haben über 160 Mitarbeiter bei uns.
Und dann am Ende ... durch einen Listungstrick verliert man den Umsatz und bleibt auf der Ware sitzen. Die Sache ist, dass man mit illegalen Mitteln am Ende Gewinn macht bei Amazon.
Ich fühl mich da ein Stück weit machtlos. Machtlosigkeit im Wettbewerb auf dem Marketplace. Das haben mir während meiner Recherche mehrere Händler berichtet. Scheinbar offensichtlichen Hinweisen würde Amazon teilweise nicht nachgehen. In der Szene traut sich kaum jemand offen darüber zu sprechen, aus Angst als unbequem zu gelten und dann als Händler womöglich gesperrt zu werden.
Christian ist einer der wenigen, der offen mit mir darüber spricht. Mittlerweile verkauft er seine Lederwaren auch auf anderen Handelsplattformen. Meine Challenge geht weiter. Ich bekomme für den Shocker zwei weitere Fünf-Sterne-Fake-Rezensionen. Insgesamt sind es jetzt schon drei.
Jetzt hab ich Schiss, dass das Ganze etwas auffällig sein könnte. Ich glaub, ich muss dagegensteuern. Hi, Corinna. Könntest du den Shocker bitte mit drei Sternen bewerten? Ich dank dir. Tschüss! Mit vier Sternen wird wenig später auch Lukas meinen Shocker bewerten.
(Spannungsvolle Musik) Jetzt wird's absurd. Während meiner Recherchen bekomme ich einen Tipp. Heute Abend wird das iPhone 12 released. "Let us talk about iPhone." "The very first iPhone with 5G." (Geheimnisvolle Musik) Die Weltöffentlichkeit bekommt beim Apple-Live-Event vergangenen Oktober das iPhone 12 zum ersten Mal zu sehen.
Zu kaufen gibt es das Modell erst Tage später. Ganz schön komisch, was da jetzt schon auf dem Amazon Marketplace los ist. Denn schon Wochen vor der Apple-Veröffentlichung findet man auf dem Amazon Marketplace Handyhüllen und Schutzgläser für das neue iPhone. Ich bin ziemlich überrascht, denn viele der Produkte haben schon eine große Anzahl an Fünf-Sterne-Bewertungen - und Rezensionen, die zu diesem Zeitpunkt eigentlich unmöglich sind. Wie kann das sein? Fünf-Sterne-Kundenrezension für ein Produkt, obwohl es das iPhone 12 zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht gibt. Ich find das jetzt echt hart.
Dreister und offensichtlicher können Fake-Bewertungen nicht sein. Ein Wettlauf um schnelle positive Bewertungen. Dem Amazon-Algorithmus sind diese offensichtlich gefälschten Rezensionen nicht aufgefallen. Ich spreche mit einem Händler, der ähnliche Produkte auf dem Marketplace vertreibt. Er möchte anonym bleiben, deshalb haben wir das Interview nachgestellt. Er meint, Anbieter, die fair nach den Regeln der Plattform agieren, keine Fake-Bewertungen einkaufen, haben im Wettbewerb kaum eine Chance.
Wie will man da mithalten, wenn die Konkurrenz mit solch einem Vorsprung in den Wettbewerb einsteigt? Das kann man mit den eigenen Produkten, die erst ein paar Wochen später online gehen, nicht mehr einholen. Man kommt im Ranking nicht mehr nach oben - Dreistigkeit siegt. Amazon wird aufgrund meines Hinweises später mehr als 1Fünf0 Bewertungen zu den iPhone-12-Produkten löschen.
Und gegen etliche Händler vorgehen. Selbst wenn die Händler im Nachhinein gelöscht werden, sie haben trotzdem wochenlang ein gutes Geschäft bei Amazon gemacht. Aus meiner Erfahrung ploppen Produkte oft wenige Wochen später auf einem anderen Account wieder auf. Und das Spiel geht weiter.
Gerade die asiatische Konkurrenz hat unzählige Accounts. Wir Deutschen meist nur einen. (Spannungsvolle Musik) Meine Challenge geht weiter. Mittlerweile sind es schon vier gefälschte Topbewertungen. Meine Seite ist weiterhin online. Dem Amazon-Algorithmus sind die Fake-Bewertungen offenbar nicht aufgefallen.
(Lebendige Musik) Eine Agentur im Fake-Bewertungsbusiness hat ein besonders merkwürdiges Konzept. Offiziell wird auf Amazon bei mir eingekauft. Den Shocker soll ich aber gar nicht verschicken, sondern ein leeres Paket. So täuscht man Amazon vor, dass ein echter Kauf stattgefunden hat. Bei der Bestellung wird in der Anschrift das Codewort "Hausmeister" angegeben. Upsi! Jetzt hab ich das streng geheime Codewort "Hausmeister" verraten.
Hey, Amazon, guckt mal in euren Bestellungen nach, ob ihr dieses Codewort findet. Das Ganze heißt in der Szene Leerverkäufe. Leere Pakete, in die mein Shocker gar nicht reinpasst und damit sichere ich mir weitere Fake-Bewertungen. Fake-Bewertungen auf dem Amazon Marketplace sind ein klarer Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht, weil Kunden vorsätzlich getäuscht und faire Händler um ihren Umsatz gebracht werden. Warum klagen dann so wenige Händler gegen Amazon? Amazon spiele in einer eigenen Liga, meint Rechtsanwalt Christian Solmecke.
(Angespannte Musik) Amazon ist mit solchen finanziellen Mitteln ausgestattet, dass sie sich sehr heftig zur Wehr setzen können. Das ist der Grund, warum es verhältnismäßig wenig Rechtsstreitigkeiten gegen Amazon gibt. Und die einzelnen Händler, die so einen Missbrauch durch Fake-Bewertungen entdecken und an ihren Wettbewerber nicht rankommen, die hüten sich auch, Amazon anzugreifen, weil sie Angst haben, dass sie von der Plattform runterfliegen. Bei den meisten Händlern ist es die einzige Einnahmequelle oder die lukrativste Einnahmequelle. Man muss feststellen, die Marktposition von Amazon, die ist schon sehr, sehr stark.
Wir kriegen das schon in den Griff, auch nach den deutschen Gesetzen, nur es wagt sich keiner ran an Amazon. Auch mein nächster Informant aus der Händlerszene traut sich nicht, juristisch gegen Amazon vorzugehen. Ich treffe ihn anonym. Eigentlich dachte ich, mich könnte nichts mehr verwundern.
Doch was ich jetzt zu hören bekomme, find ich echt krass. Man kann mit Rezensionen nicht nur sein eigenes Ranking beeinflussen, sondern auch Mitbewerber gezielt sabotieren. (Geheimnisvolle Musik) Wir hatten ein Produkt schon länger im Markt. Das hatte insgesamt gute Bewertungen. Da sind über Nacht auf einmal die wenigen schlechten, also die Ein-Sterne-Bewertungen, als nützlich bewertet worden. Je mehr ein Kommentar als nützlich gekennzeichnet wird, desto weiter rutscht er nach oben.
Und neue Kunden sehen dann die negativen Kommentare zuerst und sind abgeschreckt. Wir fielen von einem auf den anderen Tag im Ranking massiv. Warum glaubst du, dass das von der Konkurrenz kommt? Dieses Produkt wird von vielen verschiedenen Händlern in ähnlicher Ausführung verkauft. Bei einem unserer Konkurrenten bekamen die Fünf-Sterne-Bewertungen auf einmal mehrere Hundert Nützlich-Klicks bekommen. Naheliegend, dass er unsere Ein-Sterne-Bewertungen und seine guten Bewertungen mit nützlich nach oben klickte.
Welche Auswirkungen hatte die Aktion für dich, für deinen Umsatz? Nicht nur innerhalb eines Tages, sondern auch langfristig 50 Prozent. Das tut aber weh. Das tut weh. Und verdeutlicht aber auch die Gefahr.
Jetzt hat er es mit einem Produkt gemacht. Ich warte nur darauf, dass er es auch mit anderen Produkten macht. Was hält ihn davon ab, es mit 30, 40 anderen zu machen? Dann bist du pleite.
Es ist wirklich einfach, jemanden bei Amazon zu sabotieren. Das ist total krass, vor allem, wenn das so große Auswirkungen auf den Umsatz hat. Was sagt Amazon dazu? Na ja, wir haben das gegenüber Amazon geäußert.
Mehrfach. Bei Amazon kommt dann immer so eine Antwort: Es könnte ja sein, dass an einem Tag so viele Leute auf unserer Seite bei den wenigen schlechten Bewertungen auf nützlich geklickt haben. Das ist ungefähr so wahrscheinlich wie ein Lottogewinn. Aber es könnte ja sein. Das war's dann mit der Antwort. Damit wird man dann alleingelassen.
Irgendwann kam in dem Fall dann tatsächlich die Rückmeldung: "Wir wissen, was hier passiert ist und kümmern uns darum." Am Ende hieß es aber, man kann nicht in den Algorithmus eingreifen. Das höre ich während meiner Recherchen immer wieder. Bei möglichen Sabotageaktionen durch die Konkurrenz passiere meist wenig und oft gar nichts. Mittlerweile habe ich sechs Top-Sterne-Bewertungen für meinen Shocker gesammelt.
Meine dritte Strategie: WhatsApp-Gruppen. Vor einem Jahr habe ich zu Fake-Rezensionen recherchiert, die über WhatsApp-Gruppen vermittelt werden. Ähnlich wie über die Agenturen werden hier verifizierte Käufe organisiert. "Bluethooth Kopfhörer für 49,99 Euro, Babyphone für 67,99 Euro." Und immer wieder dieser seltsame Text: Den Link zum Film findet ihr in der Infobox. Ich kontaktiere einen der Vermittler der WhatsApp-Gruppen und merke schnell, in der Szene ist man seit meiner Recherche sehr vorsichtig.
Es kostet mich einiges an Überzeugungskraft. (Lebendige Musik, Nachrichtensignale) Einige Tage später klappt es. Nee! Ich bin tatsächlich in einer Gruppe drin.
Mit meiner WhatsApp-Gruppen-Strategie komm ich an die nächsten fünf Sterne. Sogar mit Bild. (Dynamische Musik) Was macht Amazon gegen die Fake-Sterne auf dem Marketplace? Warum ist es so leicht Produkt- Rezensionen in Auftrag zu geben und sogar zu faken? Seit einem Jahr recherchiere ich zu den Fake Bewertungen auf Amazon. Ein Interview hat man stets abgelehnt. Nach etlichen Anfragen - dann die Überraschung: Ich bekomme tatsächlich ein Interview mit Amazon.
Ich hab nicht mehr dran geglaubt, aber heute findet es statt. Hi, servus. Einmal Videocall bitte. Ich bekomme heute ein exklusives Interview. Dharmesh Mehta ist als Vice President am Stammsitz Seattle auch zuständig für die Bekämpfung von Fake-Rezensionen. (englisch:) "Jede Woche bekommen wir über zehn Millionen Bewertungen." "Unsere Technologie arbeitet auf sehr hohem Niveau."
"Wir nutzen schnelle Algorithmen und künstliche Intelligenz, um jede einzelne Bewertung zu scannen." "Und um möglicherweise gefälschte Rezensionen gleich am Anfang zu blockieren." "Wenn sich der Algorithmus dann nicht sicher ist, schauen sich unsere menschlichen Ermittler mit zusätzlichen Daten das Ganze an." "Wenn es also Hinweise im Algorithmus gibt, ist auch menschliches Urteilsvermögen gefragt." "Allein 2019 haben wir selbst mehr als 100 Millionen Fake- Bewertungen proaktiv verhindert." "Das zeigt den Umfang, mit dem wir es hier zu tun haben."
(englisch:) Gibt es mehr Fakes bei bestimmten Produktkategorien? Welche Händler, welche Länder sind bekannt für das Bestellen von falschen Bewertungen? "Die traurige Wahrheit ist, die Betrüger erstellen Fake-Bewertungen für alle Produktkategorien." "Wir entdecken Betrüger aus vielen verschiedenen Ländern." "Es gibt sogar Firmen, die daraus einen richtigen Geschäftszweig gemacht haben, und die solche Fake-Bewertungen noch einfacher machen." "Wir haben schon einige dieser Firmen erfolgreich verfolgt, auch in Deutschland." "Doch diese Firmen gibt es in Europa und auf der ganzen Welt."
"Sie haben überall Konten und arbeiten mit Betrügern, die wiederum woanders sitzen." "Unser Job ist es, unsere Plattform in allen Produktkategorien zu schützen." Meine Recherchen zeigen, dass jeden Tag Tausende Fake-Rezensionen auf Social-Media-Kanälen gekauft werden. Kritiker sagen: "Hey, Amazon ist so ein großer Konzern mit solch einer Macht und könnte da mehr tun." Können Sie die Kritik nachvollziehen? "Ich denke, das betrifft die Social-Media-Unternehmen." "Sie sind unabhängig, sie treffen ihre eigenen Entscheidungen."
"Hier muss die Industrie besser zusammenarbeiten." "Wir wollen, dass hier mehr passiert." "Wir werden hier sicherlich in mehr Personal und mehr Ressourcen investieren, um den Einfluss von Fakes zu reduzieren."
Warum hält Amazon überhaupt an Kundenrezensionen fest? "Wir wissen, dass Rezensionen den Kunden dabei helfen können, fundierte Kaufentscheidungen zu treffen." "Deshalb nehmen wir die Verantwortung sehr ernst." "Wir investieren sehr viel, um immer besser zu werden."
"Wir sind aber auch nicht perfekt." "Fällt Kunden etwas auf, wollen wir das wissen, damit wir uns weiter verbessern." Was meint ihr? Wie fandet ihr die Äußerungen von Amazon? Seid ihr der Meinung, man kümmert sich tatsächlich mit allen Mitteln gegen Fake-Kommentare oder könnte der Weltkonzern da mehr tun? Schreibt es mal unten in die Kommentare rein. Wie bewerten Händler die Aussagen von Amazon? Vor einem großen Amazon-Logistikzentrum treffe ich mich noch einmal mit Christian von Gusti Leder. Sein Lager ist nur wenige Kilometer davon entfernt.
Er hat eine klare Meinung. Da geht noch mehr. Grade, wenn man sieht, was das auch für einen Effekt auf Amazons Kunden hat. Die werden ja belogen. Ich denke, wenn Amazon noch mehr Mitarbeiter einstellen würde, würden sie deutlich mehr gefakte Rezensionen sehen.
Und damit wär doch allen geholfen. Vor allem den Kunden. Also, der Kunde soll nicht betrogen werden. Das ist aktuell leider zu oft der Fall. (Spannungsvolle Musik) Ich bin mit meiner Challenge am Ziel.
Gerade eben ging die 17. Bewertung online. Fünf Sterne von meiner Freundin Michaela. Somit hab ich 15 Fünf-Sterne-Bewertungen erhalten. Alle Fake.
Unglaublich. (Dynamische Musik) Damit möchte ich Dieter aus der Werkstatt überraschen. (Tapsende Musik) Guck mal. Ach! Unser Shocker ist heißbegehrt im Netz. Guck mal, das sind unsere Sterne-Bewertungen.
Das ist alles Fake, oder was? Das ist alles Fake. - Das ist wirklich sehr krass. Wenn du bei Amazon guckst, ah, klasse, fünf Sterne, toll, das hol ich mir, und dann kann ich mir schon denken, dass das alles vielleicht ... doch nicht so ist, wie man sich's ... vorstellt, gell.
Unsere Shocker-Challenge hat gezeigt: Fünf-Sterne Bewertungen kann man sich ganz einfach kaufen. Vermittler und Agenturen organisieren jährlich Millionen von Kunden-Rezensionen auf dem Amazon-Marketplace. Ich kann Fünf-Sterne-Rezensionen jedenfalls nicht mehr trauen. Haben euch unsere Recherchen und unser Sterne-Experiment gefallen? Wir freuen uns über Lob, aber auf Kritik unten in den Kommentaren.
Hier gibt's den Film zu den WhatsApp-Gruppen, die Fake-Rezensionen vermitteln. Hier gibt's eine Doku, da geht's um gefährliche Produkte, die teilweise auf dem Amazon-Marketplace landen. Am Ende sag ich noch Danke an alle Kolleg*innen, die ihr unten seht, weil die waren beteiligt, dass wir das leisten konnten. SWR 2021
2021-02-26 19:21